Zufall

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Etwas wäre Zufall, sagt man leichthin. Dass Gott würfeln würde, überlegt man sich vorher.

29|Zufall setzen wir gerne gleich mit Willkür oder unerwartet. Dabei beinhaltet das Wort an sich eine konkrete Beschreibung, um was es geht: Es fällt uns etwas zu.

Zufälle werden mit Schulterzucken hingenommen als eine Laune der Natur, des Universums, es ist ›einfach so‹ geschehen. ›Einfach so‹ ist aber eine unlogische Antwort oder zumindest eine bequeme. Logische Gegenfrage: Kann es in einem so perfekten System wie dem Universum nur einen Hauch an Willkür geschehen - einmal vorderhand vom Handeln von uns Menschen abgesehen? Ob in den Weiten des Alls oder den mikroskopischen Landschaften der Bakterien - erlangen wir nicht ständig Beweise dafür, dass alles nach ganz genauen Regeln abläuft?

Was die Natur und das Weltall betrifft, sind wir geneigt zu akzeptieren, dass es so ist: Schwerkraft, Fliehkraft, Magnetismus - irgendetwas scheint alles im Gleichgewicht zu halten. In der Mathematik, der Physik mag das angehen. Wenn es unser Leben betrifft, nicht mehr.

11|Warum sollten aber andere Regeln herrschen, wenn es um meine Seele geht, um mich als Mensch, als einzigartiges Individuum? Kommt es mir zu banal vor, als dass ich einzigartiges Wesen nach so simplen Regeln tanzen sollen müsste? Oder sind die Regeln so großartig, dass ich kleines Wesen es nicht Wert bin, ein Teil von ihnen zu sein? Gelten für Emotionen andere Gesetze als für ein Gokart, dass es bei zu hoher Geschwindigkeit aus der Kurve trägt?

Oder finden wir einfach, dass unser Innenleben so komplex ist, dass es sich nicht nach einfachen Regeln beschreiben lassen kann?

Zufall ist Zufall im Sinne dessen, als uns etwas zufällt. Wahrscheinlich haben wir bei seinem Eintreffen gerade wo anders hingesehen. Dann überrascht es uns und wird zu: was für ein Zufall! Hätten wir in die passende Richtung gesehen, hätten wir es auf uns zukommen gesehen. Es wäre uns genauso zugefallen, aber Zufall wäre es keiner mehr gewesen.

60|Vor mir sehe ich blaue Weite, unten wasserblau, oben himmelblau, malerisch wandern ein paar Wolken über den Himmel. Ich wäre gern dort. Auf einer dieser niedlichen Inselchen, möchte im weißen Sand liegen, nach einem Blick nach oben sicher, dass mir keine Kokosnuss auf den Kopf fallen kann, möchte die warme Sonne auf meiner Haut genießen. Willkürlich verstreut liegen sie vor mir, hier auf dem Bild, die vielen Flächen und Pünktchen.

Wirklich willkürlich? Das sieht hier so aus, aber würde man das Wasser herauslassen, sähe man die Täler dazwischen, die zum nächsten Hügel hinaufeilen um für uns über der Wasseroberfläche sichtbar zu werden. Und ja, das ist es! Absicht und Zusammengehörigkeit werden für uns dann zum Zufall, wenn wir diese Zusammenhänge nicht erkennen können. Dann geschehen Dinge per Zufall. So, als ob wir gerade nicht hingesehen hätten.

Die Zusammenhänge gehen aber über die Unterwasser-Verbundenheit von Inseln hinaus. Unsere größte anscheinende Zusammenhanglosigkeit sind unsere Lebensumstände. Keine Ahnung, warum ich akkurat bei diesen Eltern in diesem Land zur Welt gekommen bin, diese schreckliche Schwester aushalten musste und mich nun mit diesem grauenhaften Mann herumplagen muss - der Kinder wegen.

Wie wäre es, nur mal angenommen, wenn es auch hier Zusammenhänge gäbe.